
In diesem Beitrag nähern wir uns der Hauser-Affäre unkonventionell in einem Gedankenspiel. Dabei ignorieren wir die Baden-Connection und betrachten, was Hauser selbst, bzw. die Umstände um ihn herum, uns „sagen“!
Setzen wir also die Spekulations-Kappe auf und werfen einen fragenden Blick auf die sicheren und unsicheren Fakten zu seiner Person!
Adlige Herkunft:
Hauser gehörte mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit den höheren Ständen an. Dafür sprechen: Zwei Impfmale an seinem Körper. Geimpft wurden damals nur Adlige und sehr wohlhabende Persönlichkeiten bzw. deren Kinder.
Kerkerhaft:
Das Biedermeier bzw. die Jahre davor waren nicht so biedermeierlich, wie wir uns das heute vorstellen. Uneheliche Kinder – und Hauser muss unehelich gewesen sein, da man ihn sonst nicht so leicht hätte verstecken können – gehörten zum „Tagesgeschäft“ in den „einfachen Kreisen“, nicht immer jedoch beim Adel!
Handwerker, Beamte, Händler usw. wären sicher nicht erfreut über den Nachwuchs, hätten diesen jedoch in den Broterwerb eingespannt. In den Kerker hätte man einen gesunden Jungen schon alleine wegen der verlorenen Arbeitskraft nicht gesteckt!
Hauser hatte mehrere, sich mehrfach wiederholende Träume, in denen er sich in einem hochherrschaftlichen Ambiente befand. Die Angaben waren dabei so gestaltet, dass sie dem Interieur eines Schlosses entsprachen.
In Nürnberg befand sich Hauser anfangs in einem Gefängnis, dann im Hause der Familie Daumer. Kontakte zum Adel bzw. Einladungen dorthin hatte er zu der Zeit nicht. Folglich müssen die visuellen Eindrücke aus der Zeit vor Nürnberg und Kerkerhaft stammen.
Damals war er ein Kleinkind, gehörte folglich nicht zum Hofstaat. Er war also weder Schildwache, noch Diener oder Koch. Konnte nur zu den „Bewohnern“ des Gebäudes gehört haben. Es war nicht üblich, dass Lakaien ihre Kinder zur Arbeit mitbrachten, was auch diese Option ausschließt!
Eltern:
Nachdem die These der adligen Abkunft gewissen Sinn macht, können wir uns nun mit den vermeintlichen Eltern beschäftigen. Da ergeben sich bei einem unehelichen Kind folgende Möglichkeiten:
Adliger Vater, ob verheiratet oder nicht:
Männer des Adels beließen ihre Kinder in der Regel bei ihren nicht „standesgemäßen“ Müttern, schickten sie zur Schule und spannten sie, auch aus Gründen der Loyalität, in den Staatsdienst mit ein.
Machten sie zu Beamten, Soldaten, Förstern usw. Fehltritte nahm man den Herren nicht übel, „irreguläre“ Kinder waren nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel.
Adlige, verheiratete Mutter:
Eine erfahrene, verheiratete Frau wäre wahrscheinlich gar nicht erst unfreiwillig schwanger geworden oder hätte es im Geheimen abgetrieben bzw. das „Kuckuckskind“ dem Göttergatten untergeschoben. Auch das war nicht ungewöhnlich, allerdings mussten die Damen im Geheimen „operieren“.
Adlige, unverheiratete Mutter:
Zu Zeiten Hausers wurde sehr früh geheiratet, meist war man schon mit Anfang 20 unter der Haube. Kaspars vermeintliche Mutter, Stéphanie de Beauharnais, fand sich mit 17 Jahren vor dem Traualtar.
Hausers Mutter muss also sehr jung gewesen sein, da sie noch nicht verheiratet war. Man könnte eine Affäre, eine Liebelei unterstellen. Auch ein „Schreckensszenario“ mit Inzest und/oder Vergewaltigung wäre denkbar.
In der Hinsicht ist ein Traum Hausers interessant:
Er sah darin seine Mutter, er erkannte sie als solche, die ihn mit „Gottfried“ ansprach und weinend den Tod seines Vaters mitteilte, was auch unterstellt, dass die Zeugung des Kindes einvernehmlich erfolgt war, sonst hätte die emotionale Reaktion anders ausgesehen.
Als „Vorlage“ für Kindsnamen dienten in der Regel die Namen von „altehrwürdigen“ Familienmitgliedern. Bei männlichem Nachwuchs meist Großväter oder Onkel. Es ist wahrscheinlich, dass sich in der gesuchten Familie (Vaterfamilie?) ein „Gottfried“ als „geheimer“ Namenspate befand!
In einem anderen Traum standen ein alter Mann in schwarzer Uniform, mit einem kreuzförmigen Orden (?) um den Hals, und eine ältere Frau in vornehmer Kleidung an seinem Bett. Beide musterten ihn kalt und reagierten nicht auf seine Ansprache.
Waren die beiden seine „unzufriedenen“ Großeltern? Fremde wird man zu dem „geheimen“ Kind nicht geladen haben!
Kerkerhaft Hausers:
Leben änderte sich zwischen seinem 4. und 6. Lebensjahr (also etwa 1816/1818 ±1 Jahr) grundlegend. Er, der vorher in Freiheit gelebt hatte, landete plötzlich in einem Kerker. Etwas im Umfeld der Familie hatte eine schwerwiegende Wendung erfahren!
Glaubt man seinen Träumen, so war der Vater verstorben / verstorben worden, die Großeltern (?) lehnten ihn sichtlich ab. Blieb alleine die scheinbar liebende Mutter.

Diese hätte sich gegen die Kerkerhaft ihres Sprösslings gestellt bzw. sich spätestens in Nürnberg zu erkennen gegeben. Aber sie tauchte nie wieder auf, was bedeuten könnte, dass sie nicht mehr am Leben war und Hauser ohne jeden Schutz dastand.
Möglich, dass Kerkerhaft nicht vorgesehen war, sondern Mord am Kind. Vielleicht hatte sein späterer Kerkermeister Mitleid und versteckte Hauser, während er seinem Dienstherrn die Liquidierung mitteilte?!
Hauser zufolge war es dieser Mann gewesen, der den ersten Anschlag in Nürnberg auf ihn durchführte, er hatte ohne jeden Zweifel seine Stimme erkannt! Vielleicht holte er nach, was er vor Jahren hätte erledigen sollen?
Da er in diesem Fall „versagt“ hat, setzte man später „Profis“ an, um Hauser 1833 zu ermorden! Offenbar gab es jemanden, der Hauser aus tiefstem Herzen hasste, was sich nicht aus seinem Verhalten ergab, sondern bedingt war durch seine Geburt bzw. den früh verschiedenen Vater!
Abkunft:
Wo Hauser geboren worden ist, wo er abstammt, steht in den Sternen. Als man ihn in Nürnberg aufgriff, trug er u.a. einen in München hergestellten Hut, gemäß einem Aufdruck im Inneren, und er hatte einen Rosenkranz bei sich, was beides auf das katholische Bayern hindeutet.
Hauser sprach zeitlebens altbayerische Mundart, wie sie in Ober- und Niederbayern geläufig war, gewöhnte sich Fränkisch nie an. Erste Sprachversuche in Nürnberg gab es bei der Familie des Gefängniswärters Andreas Hiltel, der aus Altbayern stammte und so sprach.
Dass Hauser das Idiom Daumers nicht annahm, ist merkwürdig, da er bei ihm rund 1,5 Jahre lebte und unterrichtet wurde. Vielleicht lag ihm Bayerisch mehr, da er es bereits als Kind sprach?
Hauser hatte bei seiner Ankunft in Nürnberg einen Brief an den Rittmeister von Wessenig dabei, der ihn zu einem Kavalleristen machen sollte. Hatte sein Kerkermeister unter diesem gedient und ihn deshalb zu ihm abgeschoben?
Das scheint einen gewissen Sinn zu machen, da Hauser, nach entsprechender Schulung, ein sehr guter Reiter geworden war. Vielleicht war er bereits als Kind geritten, was seinem späteren Kerkermeister nicht entgangen sein kann.
Spekulationen:
In Nürnberg haben ärztliche Untersuchungen 1828 ergeben, dass Hauser etwa 16 Jahre alt war. Er muss also um 1812 zur Welt gekommen sein (+/-1 Jahr). Seine Mutter war jung und unverheiratet. Wenn wir ihr Alter mit 17 oder 18 für 1812 annehmen (+/-2 Jahre), so könnte sie Jahrgang 1794/95 gewesen sein.
Hauser geriet zwischen 1816 und 1818 in den Kerker, in dieser Zeit dürfte sie, meiner Hypothese nach, das zeitliche gesegnet haben.
Wir suchen also eine (wahrscheinlich) aus Bayern stammende Adlige, die 1812 nicht verheiratet war, um 1794/95 geboren wurde und zwischen 1816 und 1818 verstarb.
Sitz der Familie war (ist?) ein Schloss. In dieser Familie beschäftigt war über Jahre hinweg ein „Mann fürs Grobe“, der als Soldat in der bayerischen Reiterei gedient hat.
Ein Familienmitglied um 1812 trug ggf. den Namen „Gottfried“. Hausers Vater verstarb recht rasch, ob sein späterer Kerkermeister seine Finger im Spiel hatte, ist unklar.
Hauser selber wurde Opfer von Mord und Kerkerhaft. Die Familie dürfte damals wohl ganz allgemein „handfest“ und unerfreulich aufgetreten sein, mit dem dazugehörigen schlechten Ruf! Sowas wird sich doch wohl im Freistaat finden lassen?!ʬ